Frühwarnsystem

Frauke Kusch, Krakau II, 2005, Eitempera auf Papier, 59,4 x 42 cm

Am 27.3. hatte ich bereits vor, einen Artikel mit dem Titel „Schöner Scheitern“ zu verfassen (erfolgt am 10.4.), indem ich darüber lamentieren wollte, dass mein bisheriges Scheitern, meine Versäumnisse in beruflicher Hinsicht, eigentlich etwas Positives hatte/n. Angefangen mit der „Karriere“ als Sprecherin, aus der nie etwas wurde – trotz eines einmaligen Radioauftrittes, diverser Vorlesewettbewerbe (beim letzten innerhalb meiner Laufbahn versagte ich kläglich, da Mercutio mich entlarvte), über die als Sängerin und Theaterschauspielerin, über die als Germanistikstudentin, die ich nie wurde, da ich meinen Bruder auf diesem Gebiet auf den Olymp stellte, bis hin zu gescheiterten Bewerbungen an Kunsthochschulen – allein, es fehlte mir an Schneid, so die einhellige Meinung zwischen mir und einer sehr netten Frau, mit der ich vor Jahren bei IKK ins Gespräch über genau dieses Scheitern ins Gespräch gekommen war. Nicht mangelndes Talent, sondern Naivität und ein fehlendes, stabiles Selbstbild attestierten wir uns, erleichtert lachend, ob dieser gewonnen, geteilten Erkenntnis (vgl. Artikel vom 20.12.17).

Doch welchen Sinn hat es, immer weiter darüber zu spekulieren, was hätte geschehen können, wenn dieses oder jenes Ereignis anders ausgegangen wäre? Wahrscheinlich könnte man sich auf diese Weise um den Verstand bringen (Ishiguro, a.a.O. zuvor, S. 212). Schauen Sie nicht die ganze Zeit zurück, da muss man ja depressiv werden (ebd. S. 286). David Bowie hingegen sagte in einem Interview (Quelle?): „Man muss sich seine Vergangenheiten anschauen, um die Gegenwart zu verstehen.“ In den Osterferien bei meiner Mutter tat ich genau dies und sichtete wie bereits die Male zuvor alte Schriftstücke (u.ä.) aus meiner Kindheit und Jugend, sortierte, zerriss und warf fort (vgl. 10.4.). Anschauen ja, aber nicht bewahren von Beweisen für u.a. bulimische und Stalking-Zeiten (akribische Buchführung gekaufter, verschlungener und ausgekotzter Lebensmittel; Briefkorrespondenzen quälender Jahre)! Wozu auch? Für meine Kinder? Denen kann ich später erzählen. Will mein Mercutioleben nicht heraufbeschwören durch stetiges Vor-Augen-Halten.

Sich für einen (oder mehrere) bestimmte(n) Weg(e) im Leben entscheiden, nicht sich sorgen, was man hätte tun oder nicht tun können, um den Verlauf des eigenen Lebens unter Kontrolle zu halten (s.o. ebd., S. 287), darum geht es. Bewusste Entscheidungen treffen! Auch eine Erkenntnis aus dem Skillstraining.

Zum Titel: Begriff aus dem Skillstraining. Ich dachte: "Frühwarnsystem! Darum geht es! Früh genug erkennen, wann Skills greifen, um nicht in die Abwärtsspirale zu geraten! ... - für die Katz' im Falle eines unvermittelten Brüllens von J. am Morgen, das die hochsensible Mutter für Stunden erschüttert, so geschehen am 9.4. Nix mit vorherigen Anzeichen, die es wahrzunehmen gilt, um Stress zu vermeiden! Cortisolspiegel auf 100 (oder so). Runterfahren dauert. Hoher Energieverlust bleibt.