Zum Foto: Das Unschärfste, aber schönste Bild von unserer Haushummel im Löwenzahnhonigrausch, 1.8.21. Eine Woche lang haben K. und ich sie täglich gepäppelt, zweimal vor dem Ertrinken gerettet. Ich glaube, jetzt ist sie tot.
Das Aufnehmen des Guten nährt die Vollherzigkeit, schafft neue neuronale Struktur, so der buddhistische Neurowissenschaftler Rick Hanson (1). In diesem Sinne verweilte ich beim Anblick des Regenbogens heute morgen, ließ dieses „positive Material“ negatives durchfluten (2). Das aktuelle negative Material war die Erfahrung des gestrigen black sunday. Er glich einem Katertag – obwohl ich seit beinahe 2 1/2 Jahren keinen Alkohol mehr trinke. Ich war nicht müde im eigentlichen Sinne, aber
Vor zwei Tagen habe ich diesen Artikel mittags begonnen und nicht vollendet. War dazu nicht mehr in der Lage. War erschöpft vom erlebten Befall tags zuvor. Dachte gestern, es ginge mir besser, doch war dem nicht so. Das dumpfe Gefühl im Kopf und die Anstrengung, die mich Begegnungen kosteten, war vorherrschend. Nachmittags nähte ich auf der Terrasse, tankte Sonne, die mich kräftigen sollte, verließ meinen Platz jedoch fluchtartig, nachdem ich in der Nähe Stimmen hörte. Auch früher Schlaf sollte den Befall vertreiben, kam jedoch nicht wie ersehnt, sondern stattdessen rauschten bizarrre, tripmäßige Bilder in schneller, wirrer Abfolge in meinem überreizten Hirn hin und her. Trotzdem und zum Glück geht es mir heute besser. Das dumpfe Kopfgefühl ist weg. Ich schreibe, um zu verstehen, um einordnen zu können. Hinterher ist das „negative Material“ dann immer irgendwie abgearbeitet, wegsortiert.
Mögliche Befallursachen im Wochenrückblick:
bereits erwähnte Todesfälle im nahen Umfeld und deren Auswirkungen, schlechter Schlaf im Zelt auf Fehmarn, Atmosphärenfühlerei im weiten und im engeren Sinne, im letzteren Abpuffern von negative vibes – „Neben mir müssen alle stabil sein.“, (zu)viel Kommunikation auf unterschiedlichen Kanälen, körperliche Überlastung – alles hielt ich – bis zum Samstagabend, an dem ich aus Zuneigung zu C. ihrer Geburtstagseinladung folgte, obwohl ich mich nicht mehr unter Menschen begeben konnte und ihr lediglich gratulieren und Blumen überreichen wollte, mit T. jedoch zunächst der einzige Gast war und es daher nicht über’s Herz brachte, sofort wieder zu gehen. Eine Stunde lang blieb ich und war verblüfft, dass mir keiner ansah, wieviel Kraft es mich rein körperlich kostete. „Das keiner die Gewichte sehen kann, die an mir hängen?“
Am nächsten Tag war ich nicht müde, nicht erschöpft, sondern „ganz weit hin“ (wie mein Mütterlein zu sagen pflegt). Konnte kaum die Nähe meiner Kinder ertragen, wollte mich nicht zumuten, musste zwei liebevolle Angebote von T. abschlagen: „Wollen wir zusammen im Wald spazieren gehen?“, später: „Wollen wir radfahren?“ „Ich kann nicht.“, zog mich bei strahlendem Sonnenschein zurück, ging um 19.00 ins Bett, schlief 10 1/2 Stunden, am nächsten 10.
Schutzi-J. brachte es mal wieder auf den Punkt: „Du gibst mehr Energie aus als Du hast (Anm.: Was ich zu Mercutios Zeiten ja überbordend tat.).
Die Waage stimmt noch nicht ganz.“
Hätte ich mir am Samstag Mercutio zurückgewünscht, der mich fröhlich, überschäumend gar, auf der Feier hätte erscheinen lassen (Anm.: Die Erschöpfung wäre später erfolgt…), so muss ich wohl jetzt den Preis der Authentizität in Kauf nehmen.
1: vgl. ders. in Das Gehirn eines Buddha. Freiburg 2011, S.96. 2: vgl. ebd. S.97.