Gleichmut

foto-27-10-16-10-49-15

Traum von T. und einem winzigen Vögelchen, das zart an seinem Mundwinkel pickte.

Leben ist in Wahrheit eine Mischung aus Glück und Leid und wird es ewig bleiben. Es kann nicht anders sein, sonst hätte das Leben keine Bedeutung und würde zu toter Materie verkommen. Yoga lässt den Menschen Glück wie Leid mit Gleichmut ertragen (1).

Heute ist der 91. Geburtstag meiner Patentante M. – eine von zwei Schwestern, die meiner Mutter von sechs Geschwistern noch geblieben ist (- wobei ihre Schwester J. aufgrund von schwerer Demenz allerdings auch schon „entschwunden“ ist).

Meine Nachbarin E. meinte, dass der plötzliche Tod unserer Nachbarin I. für diese „so richtig gewesen“ sei. Ihr Vater hätte zwei Jahre vor seinem Tod in ständiger Angst gelebt, sein Aneurysma könne jederzeit „platzen“. Und ihre Freundin habe Krebs und sei nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Meine Mutter gab am Telefon eine kurze Zusammenfassung einer bekannten Erzählung von Hebbel, in der das Leben einer alten Frau bestimmt war von der Erinnerung an und der Liebe zu ihrem früh verstorbenen Mann, der am Ende ihres Lebens aus dem Eis, in dem er verunglückt war, körperlich unversehrt, mit jugendlichem Antlitz geborgen wird. Auch das Leben meiner Mutter war und ist bestimmt von der Liebe, die ihr zwar genommen wurde, die sie jedoch in ihrem Reichtum erfahren durfte (2).

 

1: Geeta S. Iyengar, Yoga für die Frau, München 2012, S. 13. Geeta S. Iyengar schrieb ihr Yoga buch in den 80ern; sie ist die <Tochter des berühmten Yogi B.K.S.Iyengar.
Ein weiteres Zitat eines indischen Gelehrten:
Wir sind nicht aus nichts heraus geboren. Wir existieren vorher, wir existieren jetzt, und wir werden auch in Zukunft existieren. Nach der Auflösung des groben Körpers bleibt alles andere verborgen. Unsere Seele bleibt vollkommen und wird nicht zerstört, aufgelöst oder vernichtet nach dem Tod. Der Tod bedeutet tatsächlich Veränderung und nicht völlige Vernichtung. 
Swami Rama 
Anm.: Ich scheine mich immer absichern zu müssen mit Zitaten. Hat doch der plötzliche Tod meiner Nachbarin wieder ein "Aus-der-Welt-fallen-Angst-Gefühl" ausgelöst (vgl. auch Blogeintrag vom 20.08.), aber auch das "Genieße-es!" meiner Mutter ganz stark ins Bewusstsein gebracht. So herzte ich den Kleinen z.B. gestern mehr und mit Bedacht. Der wiederum nahm heute Morgen, als ich mit starken Kopfschmerzen beim Spiel neben ihm saß, mein Gesicht zwischen seine kleinen Händchen und küsste mich.

2: Auch hier wird die Absurdität des Lebens erneut deutlich bzw. die beiden Pole Glück und Leid werden klar, wenn ich an meinen Blogeintrag vom 4.10. denke, in dem ich vom Schicksal meiner Mutter und dessen Schwere schrieb. Einerseits bestimmte die Trauer ihr Leben, andererseits die Liebe...