Vor ca. 14 Jahren sah ich den Kurzfilm Father and Daughter während einer Ringvorlesung zur Kunstvermittlung in HH (Aufzeichnungen suchen; großartige Zeit!). Er handelt von Verlust, Vatersuche. Er hat mich so stark berührt, dass ich’s nicht in Worte fassen kann. Suchte ihn seitdem. Ist erst seit 3 Jahren im Netz. Heute morgen gefunden und geschaut. Löste mich beinahe auf… Hatte eigentlich am Morgen bereits viele produktive Ideen zu Papier gebracht, was ich alles umsetzen möchte, um langfristig Geld zu verdienen. Während T. durch zig „Fügungen“ einen Auftrag nach dem anderen erhält – was großartig und mal mehr, mal weniger lukrativ ist -, sitze ich hier erkältungskränklich-rückenverschmerzt und heul‘. Die „positive vibrations“ meines Liebsten gehen sicherlich bald auch auf mich über… Wollen wir doch schließlich „ein Paar Künstler“ (1) sein. Obwohl man/frau als Künstler zwar erfolgreich sein kann, aber für den Lebensunterhalt trotzdem auf dem Bau schuften muss (2). Prekäre Verhältnisse, die T. täglich mit seiner Kamera portraitiert, brechen vielleicht auch für uns bald an ?! Und das mit 2 Kindern…?! Während T. diesen kreativen Schwebe-Flow-Zustand – noch abgesichert durch Rücklagen – genießt, bin ich glaub‘ ich von unserer momentanen Lebenssituation eher verunsichert. Fühlt sich jedenfalls seit geraumer Zeit vor allem abends seltsam unwirklich an. Kann’s kaum beschreiben. So als würde nach den Sommerferien nicht das vertraute Alltagsgefühl aufkommen – was auch immer das sei… Als könne ich mich nie wirklich entspannen. (3) Als ob mein Empfinden sich auch in einer Art Schwebe befände, aber leider momentan eher unangenehm als befreiend…
Vor mir liegen Zeichnungen meines Vaters, der sich das Leben nahm, als ich 1 Jahr alt war. Ich fand sie im Zuge meiner Rentenunterlagensuche wieder. Mein Vater war ein Künstler.
Ich entdecke erneut Parallelen zwischen mir und Neo Rauch, dessen neue Ausstellung Hanno und Neo Rauch – Vater und Sohn (4) lautet.
- Seine Eltern starben bei einem Zugunglück, als er 1 Monat alt war; beide waren talentierte Künstler.
- 21.05. (Beginn der Ausstellung): mein Geburtstag und der meines verstorbenen Vaters
- Themen: Verlust, Trauma, „bis heute anhaltende Vatersuche“. Zitat Rauch: „Mein Vater ist mir sehr nahe gerückt in dem Moment, in dem mein Sohn… älter war, als mein Vater jemals wurde…, somit schloss sich für mich ein emotionaler Zirkel.“ (5)
Mein eigenes, starkes Verlustgefühl von vor 2 Jahren taucht auf: Als ich mit K. und J. einen Waldweg bei Ks Schule entlangging – K. an meiner Hand, J. im Tragesack auf meinem Rücken – und mir mit einem Schlag bewusst wurde, dass ich damals so alt war, wie J. (zu dem Zeitpunkt 1 Jahr + 1 Monat), als mein Vater sich das Leben nahm.
… Jetzt habe ich meinen Vater bereits um 1 Jahr überlebt.
Auch Tomi Ungerers Vater starb, als er ein Kind war (4 Jahre alt). Auch sein Vater war Künstler. Zitat Ungerer: „Ich suche meinen Vater und finde mich… Doch das Vergangene kehrt nicht wieder. Was nicht mehr da ist, kann man nicht fassen, und wir müssen uns damit zufrieden geben, die Illusion zu retten.“ (6)
Zum Titel: Niederländischer Animationsfilm von Michael Dudock de Witt, 2000 Zur Zeichnung: Eigentlich ist das ein "Sehnsuchtsbild": Ich als ca. 4jährige an der Hand meines (toten) Vaters. Wenn ich die Zeichnung erneut betrachte, sehe ich T. und K. darin, von denen es als Vater und Tochter zig solcher innigen Momente gab und gibt. Welch' großes Glück! 1: Alter, vergriffener Artikel in der Hamburger Straßenzeitung Hinz & Kuntz über eine Malerin und einen Bildhauer, die zusammen leben und arbeiten. 2: Von einem eben solchen Künstler berichtete meine Freundin Schutzi-J. Zitat aus Webartikel vom 10.9.2014 von Hinz & Kuntz: "...viele, lange Zeit durchaus erfolgreiche Künstler, müssen im Alter ihre Rente aufstocken lassen." Ach was...! 3: Daher auch die häufigen Rückenschmerzen (Kreuzbeingegend)? Oder Grund für fehlende Entspannung im Leben lediglich im Pseudo-Meditieren zu finden, welches wir seit den Sommerferien betreiben. Statt wie eigntl. seit 2 Jahren bis auf seltene Ausnahmen jeden Abend nach der Kinderbettung gemeinsam 10 Minuten zu meditieren, "erledige" ich dies eher halbherzig während Js Einschlafphase neben ihm. 4: Hanno und Neo Rauch - Vater und Sohn: 21.05.16 - 30.04.2017. Grafikstiftung Aschersleben. 5: siehe link. 6: Tomi Ungerer: Es war einmal mein Vater. Zürich 2003, Buchrücken.