Mit Abstand betrachtet

31.12.: Ich telefoniere kurz mit meiner Freundin A. J. will mir etwas zeigen. Die geteilte Aufmerksamkeit stresst mich so massiv, dass ich mich anschließend unbemerkt ins dunkle Schlafgemach zurückziehe, um die angestaute Aggression abklingen und nicht ausbrechen zu lassen. Ich lasse T. und J. eine Weile in dem Glauben, ich sei rausgegangen. Matt und erschöpft raffe ich mich wieder auf.

Mit Abstand betrachtet lässt sich vieles besser erklären. Hatte ich zuvor keine Lust und Kraft, das Auftauchen des Schwarzen Hundes am Silvestervorabend (1) näher zu analysieren, fällt es mir heute leichter. Es ist wichtig für mich, Vor- und Abläufe zu erkennen, die zum „Dunklen“ führen, um dem vorzeitig Einhalt gebieten zu können.

29.12.: Während des Abendbrotes in AUR klagt J. weinend über stechende Schmerzen an seinem Herzen. “ Mein Herz schlägt nicht mehr! Ich bin tapfer!“ Wir vermuten, dass er Fieber hat und erschöpft vom Schwimmen am Morgen ist. Die Schmerzen lassen nicht nach und während ich ihn zu Bett bringe, bin ich doch beunruhigt. Er atmet komisch. Nach 1 Std. schläft er ein. Ich bin erschöpft. Wir sagen uns, dass sicher nichts mit seinem Herzen ist, sondern die Schmerzen von einer Verspannung durch die ungewohnten Schwimmbewegungen herrühren. Nach kurzer Zeit schreit J. nach mir, ich bleibe bei ihm und versuche, zu schlafen. Immer wieder schießen mir Gedanken an unseren ersten Kater Fritz in den Kopf, der eines Abends komische Würgegeräusche von sich gab. Wir ließen ihn raus und beruhigten uns, dass sicher nichts Schlimmes sei. Am nächsten Morgen lag er mit gebrochenem Aug‘ vor unserer Tür.

23:00 Uhr: J. wacht wieder schreiend auf. Sein kleines Herz klopft so wild, dass es ihm aus der Brust zu springen droht. Das Bett ist komplett nassgepinkelt. Ich quartiere T. und K. aus, damit sie wenigstens ungestört schlafen können. Ich kümmere mich um J., der dann bis zum Morgen durchschläft und putzmunter mit verstrupptem Haar erwacht!

Alptraum des Nachts: Teil 1: Ich bin umgeben von Freundinnen (keine realen). Eine schaut mich mit ausdruckslosem Gesicht an und eine andere flüstert mir zu: „Ihre Tochter ist verbrannt.“ Ich schreie. Und schreie und schreie und schreie. Ich halte mir dabei ein Kissen vor den Mund, um die Schreie zu dämpfen. Ich schreie vor Entsetzen und Verzweiflung immer weiter, außer mir. Die Frauen raunen: „Sie ist anders.“ (o.s.ä.)

Teil 2: Eine Freundin  bittet mich, mit ihr Kühe zu kaufen und dafür mehrere formale Anträge durchzugehen. Ich bedaure, ihr nicht helfen zu können: „Ich bin komplett überfordert!“ Wir stehen auf einem schmalen, hohen Wall, neben mir eine riesige Kuh, von der ich mich bedroht fühle. Eine weitere bedrängt uns und ich stoße die erste herunter, die – so unsere Vermutung – am Boden „zerschellt“.

30.12.: Packen der vielen Dinge vor der Abreise. Dies stresst mich immer maßlos, wenn ich währenddessen nicht alleine bin. Die pure Anwesenheit anderer stresst mich hochgradig.

Beim Abschied von meinem alten Mütterlein kommen mir die Tränen. Vielleicht belastete mich die Tatsache mehr als vermutet, dass die Schwester meiner Mutter mit Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus liegt, was meine Mutter wiederum sehr belastet – vor allem die Sorge, dass sie stirbt (Seit jeher Themen in meinem Leben: Sorge und Trauer).

Während der 4 1/2 stündigen Rückfahrt nach FL: Zuviel akustische Dauerbelastung der Kinder wegen: 3 CDs und Radiomusik (ich hasse Radiomusik).

Am Abend kommt der Schwarze Hund.

Er bleibt bis zum nächsten Mittag. J. und K. spielen in Ks Zimmer. Ich höre sie schreien: „Spinnst Du?“, denke an Streit, den ich nicht ertrage und bekomme einen Weinkrampf. K.: „Das war doch nur im Spiel.“

Ich denke an das kommende Jahr und male mir in düsteren Farben unser weiteres Leben aus. Was tun? Wofür? Denke spießermäßig daran, dass meine Rente, wenn überhaupt, so niedrig ausfallen wird, wie die meines verstorbenen Vaters, der auch immer nur zeitweise Arbeit hatte.

Denke an Neujahr und statt meinen Lieben in der Ferne schon mal alles Gute zu wünschen, male ich mir aus, ob und wo ein nächster Anschlag stattfinden wird (leider wahr: in Istanbul).

Die Bewegung während der Tanzreise lässt das Dunkle ziehen (2).

Zum Titel: vgl. auch Artikel vom 10.12. 

1: vgl. Artikel vom 30.12.

2: vgl. Artikel vom 31.12.