„Eine Königin mit Rädern untendran“

Zum Titel: Lied von Foyer des Arts, das T. gestern erwähnte.

Zum Foto: 3 Freunde Nr. 2 (1).

Heute morgen allein auf dem Tandem im Wald sang ich ausgedacht vor mich hin: „Ich bin ganz anders aufgestellt und blicke mutig in die Welt!“ So ist es -, obwohl mir gerade mein Ego kurzzeitig die Laune trüben wollte… Unwichtig und lächerlich…
Eigentlich wäre ich jetzt mit T. in seinem Atelier und er hätte Portraits einer Schattenkünstlerin (2) gemacht. Von mir nämlich (3).
Und wäre Corona nicht, wäre ich jetzt in Berlin bei meiner Freundin G., die heute Geburtstag hat. Allerdings hätte ich dann gestern losfahren müssen und dazu wäre ich nicht fähig gewesen… Und für eine Fotosession bin ich auch nicht gut genug aufgestellt. Außerdem hat T. zuviel zu tun…

Wieder einmal und wiederholt und hoffentlich habe ich eine Woche und einen Tag mit beinahe ununterbrochenem Hundebesuch (er war‘ s wirklich) überstanden.
„Kennst Du das auch?“, fragte ich T. „Dass Dein Sein so ganz anders ist?“ „Nein, das kenne ich nicht.“, antwortete T.
Ich habe es in den letzten Tagen wieder einmal und wiederholt und hoffentlich erstmal und überhaupt nicht mehr auf unterschiedlichste Art und Weise erfahren. Schrieb ich in meinem Artikel verschwierigt noch, dass ich am Dienstag, den 27.10. „instabil und zukunftsverzagt“ war, aber Anker fand und im Artikel darauf, dass mir zum Glück wieder besser zumute sei und als ich in der Lage war, scherzhaft zu sagen Frag‘ nich‘ nach Sonnenschein und damit meinte, es nicht gut gehabt, aber hinter mir zu haben, war dies nicht an dem (Redewendung meiner Mutter). Aber jetze!!! Die Herbstsonne scheint und mir ins Jemüt, jawoll!!

Gestern noch verkroch ich mich, saß morgens häufleingleich auf dem Boden in der Küche, damit mich keine(r) sah. War kurz zuvor mit den Kindern auf dem Schulweg per Rad von einem wildgewordenen Köter um Haaresbreite in die Waden gebissen, im Verlauf mehrfach beinahe von Autos plattgefahren worden. Das saß mir noch länger in den Gliedern. In diesen steckte auch noch der Sturz am Tag zuvor, als ich nach gefühlten Ewigkeiten mit T. im Wald joggte, leichtfüßig und verblüfft, dass dem so war, der Länge nach hinschlug, über von Laub verdecktem Gesteinsboden glitt und einige Blessuren davontrug. Zornigschmerzverzerrt und verdreckt rannte ich durch den Wald davon.

Sollten Sturz und Hundianfall (der reale) Zeichen sein, die mich wieder instabil werden ließen und mich davon abhielten, mit Schutzi-J. unsere Foodcoop im Dorfe zu bestücken, obwohl ich dies so gerne mit ihr tue? Tags zuvor hatte ich zu ihr gesagt: „Ich möchte so gern!“, dachte ja, ich wäre wieder „beisammen“. Schutzi-J. meinte daraufhin weise: „Möchtest Du gerne die Frauke sein, die Du bist oder die Frauke, die Du sein willst?“ Nicht im Sinne von Mercutio, denn zu seinen Zeiten war ich ja auch nicht die Frauke, die ich bin (ja, wie denn?! Mannigfaltig jaja…), sondern im Sinne von Akzeptanz meines So-Seins. „Ich würde so gerne ganz normal funktionieren.“ What the fuck?! Hat mein weises, altes Mütterlein wohl doch recht, wenn sie so oft zu mir sagt: „Ich wünschte, Du würdest Dich mehr lieben!“, und ich darauf immer trotzig reagiere. „Tu‘ ich doch! Ich brauche nur noch mehr Hilfsmittel.“, oder so ähnlich. Aber genau dort liegt anscheinend der Hase im Pfeffer begraben (4): ich akzeptiere mein So-Sein zu wenig, benenne meine rezidivierende Depression nicht. Weiß aber nicht, was es sonst war, was mir die Tage anhaftete. Hätten wir eine Kamera im Haus installiert, wäre es interessant und nicht lustig gewesen, im Nachhinein Aufzeichnungen meines Verhaltens und Gebarens anzuschauen. Oft saß ich wie betäubt vor mich hin starrend, lag vollkommen antriebslos herum, programmierte mich dann: „Jetzt reiß dich zusammen!“ (5), fühlte mich fernfern von T., unvereinbar mit den Kindern, weinte am Telefon: „bbbbekümmert mich“, drückte mich im Haus herum, anstatt raus in die Natur zu gehen, wollte niemandem begegnen, mit niemandem sprechen, hatte Rückenschmerzen im unteren Rücken, keine Kraft für tägliches 5-Minute-Workout, versuchte das Leichte Lächeln, es gelang mir nicht, fühlte mich hässlich, alt und verbraucht…

Lag es – das düstere So-Sein – an den bereits erwähnten, gehäuften -, zwar positiven -Kommunikationssituationen, an der Zeitumstellung, am Vollmond, am warmen Wind, am Corona-Dauerstress, an den permanenten, körperlichen Beschwerden…?
Trotz meiner Mattheit führte ich am Samstag ein langes, sehr aufwühlendes und lange nachklingendes Telefonat mit meiner Freundin D. , mit der ich nie telefoniere, an die ich aber intensiv gedacht hatte und sie an mich, was mich spontan zu einem Anruf bewegte. Bekümmert(e) mich viel von ihr Berichtetes…

Trotz meiner Mattheit, nahm ich all meine Kraft zusammen, um am Sonntag rauszugehen und ein paar Gartenarbeiten zu tätigen. „Draußen zu schuften tut dir doch so gut!“, sagte ich mir, war aber zu schwach, um die leichtesten Dinge zu bewegen. Als mich meine Nachbarin K. freundlich ansprach, konnte ich nur unter größter Anstrengung antworten, betrachtete mich dabei von Außen…

Am Montag geriet ich auf dem Rad in strömenden Regen und sprach wiederholend laut zu mir: „Das macht lebendig! Das macht lebendig!“

Am Dienstag war ich nach morgendlichem Stress vollkommen zerrüttet, krallte kurz meine Nägel in die Rippen, sprach zu mir, wehrte einen Heulkrampf ab, musste ich doch gut aufgestellt meinen Kunstkurs geben. Fluchte auf der Radfahrt dorthin wie ein Kutscher, beobachtete mich dabei von Außen und schämte mich. Absolvierte unter größter Anstrengung meinen Kurs, war dankbar über die Atemmaske, die meine verzerrten Gesichtszüge verdeckte, schaffte es kaum am Mittag mit dem Rad nach Hause, „Es geht mir nicht gut!“, wusste mir keinen Rat, daraus zu kommen… Am Abend nahm ich ein Bad, was ich nie tue und was gut tat. Hörte beim Kochen Händels Wassermusik, was auch gut tat.
Zu T.: „Vielleicht sollte ich wieder Wein trinken (6), das Leben ist schon trist genug. Vielleicht würde mir das gut tun.“ Tat ich bisher nicht.

Seit drei Tagen mache ich Atemübungen nach Wim Hof (7), empfohlen von meinem Schüler T.
Ich mache Mittagsschlaf, wenn’s passt und gehe früh zu Bett.
Die letzte Nacht habe ich gut geschlafen.

1: vgl. http://mercutioundich.de/wp-b8f22-content/uploads/sites/3/2020/11/Foto-768x719.jpg

Hab' die smarte Bildverweislösung gerade nicht mehr parat.

2: Dienstagmorgen spricht mich ein freundlicher Lehrer während meines Kunstkurses an: "Sind Sie Designerin?" Ich: "Nein, das bin ich nicht."(Kurze Pause) "Eher Schattenkünstlerin." Lehrer lächelnd: "Das war gut!" Ich lächele gequält, was unter der Atemmaske zum Glück nicht zu sehen ist.

3: "Wir wollen doch ein Paar Künstler sein!", so T. Vor längerer Zeit hatte ich nämlich die glorreiche Idee, Fotos von T. als Ausgangspunkt für eigene, malerische Arbeiten zu nehmen, hatte es aber wieder verworfen, weil "es ja auch nicht nur von mir komme". T. erinnerte mich daran und versuchte, mich zu bestärken. "Dein Blog ist zwar auch ein künstlerischer Ausdruck für Dich, aber ist das genug?" 

4: Ein Sprichwort und dessen Bedeutungsherkunft für die Sendung Wissen macht "Ah!" auf Kika, die J. so gerne schaut.

5: vgl.: Bild des Artikels: Es IST alles so einfach!… ist es das?!

6: Anm.: was ich seit März letzten Jahres nicht mehr tue, Alkohol trinken, meine ich. Schmeckte mir nicht mehr - außer alkoholfreies Bier.

7: Check it out for yourself.