Nebelbrille

Seit 5.20 wach, zum Glück schlief ich bereits gegen 21.00. Erheblicher Energielevel- und Stimmungsabfall erfolgte gestern gegen ca. 16.30. Hoffe, ich halt mich heut‘!

Arrgh, flugs mit dem Schreiben beginnen, bevor der Zensor über die gestrige Zeichnung herfällt… Wo verdammt ist die Wangenlinie?! Ich erinnere mich lieber an die Worte Ts, der die Zeichnung und die dazugehörigen Kommentare als wunderbar selbstreferenziell bezeichnete.

Was folgt, sind die Ausführungen zum Saisonalen Schiefstand, der ca. 1 Monat lang innen und außen bestand.

Außen: Über Wochen sich ablösende Familienkrankheiten und -pflege (ich nehme meinen Hut vor allen alleinerziehenden Müttern und Vätern!!!), Dauerrückenschmerzen.

Innen: Mein Blick auf das Leben war vernebelt. Als hätte ich wie in Andersens Märchen von der Schneekönigin einen Splitter vom zersprungenen Spiegel des Teufels im Auge, der mich alles dumpf und trüb sehen ließ. Der Sinn war mir abhanden gekommen.

Angefangen hat es mit einer Rezension in der Zeit  (Nr. 6, 2.2.17, S. 39) über ein Buch von Raoul Schrott: Erste Erde. Epos., in der Schrott auf der Grundlage der Naturwissenschaften über die Entstehung des Universums dichtet. Wie bereits zuvor in Literatur und Philosophie wird auch hier der Mensch als verzweifeltes Subjekt beschrieben, das sich verloren fühlt und an seiner Marginalität leidet, und sich mit seiner Bedeutungslosigkeit abfinden soll („weltgeschichtliche Verzwergung des Homo Sapiens“,  der Mensch als „vorübergehende Verdichtung von Sonnenstaub„, ebd.). Statt angesichts dessen bescheiden und demütig zu werden, ließen mich die Worte verzagen.

Ebenso Ts faszinierte Äußerung, dass der Rote Riese (die Sonne, die sich aufblähen wird), letztendlich die Erde „verschlucken“ wird, dass die Erde verglüht, erschien mir zu dem Zeitpunkt – vor 1 Monat also – keineswegs faszinierend, sondern erschütterte mich. Wozu dann alles Tun und Mühen des Menschen, wenn eh alles verglüht (auch wenn dies wahrscheinlich erst am Ende der Menschheitsgeschichte geschehen wird).

Dem Artikel vom 28.2. zum Schutzengel ging eine Frage von K. voraus, die wissen wollte, ob auch bei uns in FL Terroristen Anschläge verüben könnten. Ich konnte dies nicht verneinen und war innerlich verzagt darüber, K. keine echte Hoffnung vermitteln zu können. Allein mein naives Schutzengelbild konnte ich ihr an die Hand geben.

Meine Lektüre zu der Zeit war ebenso wenig ermunternd  (Frame, Ein Engel an meiner Tafel. Beide Schwestern Frames ertrinken im Abstand von 10 Jahren) und bewies erneut, dass es keine Sicherheiten im Leben gibt – im eigenen Leben bereits mehrfach erfahren, und im Hinblick auf meine Kinder äußerst angsteinflößend und Sorgen bereitend.

Auch unsere finanzielle Lebenssituation machte mir Sorgen (tut es immer noch). Wünsch(t)e ich mir doch ein bedingungsloses Grundeinkommen herbei und verzweifelte bei der Vorstellung der unermesslichen Ungerechtigkeit in der Welt (VW-Manager verdient 3000 € pro Tag!!!, so die BILDgleiche Aussage in der Zeit).

Ich freute mich in dem „Nebelmonat“ auf den Schlaf – tue ich sonst auch und immer, aber anders -, da ich so „fliehen“ konnte. Konnte massiv nachvollziehen, dass Menschen Drogen nehmen, um der Realität zu entfliehen.

Sagte mir mantramäßig sinnhafte Sätze auf: Was hatte ich doch für ein herrliches Leben! Ich wünschte nur, ich hätte das früher bemerkt (1). Sang im Kopf das Lied Das Leben ist schön! Die Sonne scheint… Alles schal, nix gebracht.

Uff, ich brauch‘ ’ne Pause.

1: Colette, französische  Schriftstellerin; das Zitat klebt in einem von Schutzi-J. für mich gemachten, glitzernden Notizbüchlein).