Papas Palette

Zum Foto: Dachbodenfund beim finalen Ausräumen des Hauses meiner Mutter: Die holzwurmstichige Palette meines Vaters, seit mehr als 50 Jahren aufbewahrt, vermutlich seit 1968, nachdem mein Vater aus der DDR geflohen war und dann in Aurich malte.
Ich beherzigte den Rat meiner Freundin S., die vor Jahren vorschlug, von Erinnerungsstücken oder anderen Dingen, bei denen man unsicher ist, ob man sie behalten sollte und dadurch noch mehr Materielles "anzuhäufen", ein Foto zu machen. So geschehen am 29.9.25 in AUR.

Sie fehlt mir. Meine Mutter.
Ein kurzer, schmerzlicher Gedanke am Morgen.
Am Wochenende fahren T. und ich wahrscheinlich zum letzten Mal (?!?) zu ihrem Haus. Mein Cousin kauft es und es ist alles gut so, wie es ist.
Gestern vor 51 Jahren wurde mein Vater nach 3 Monaten tot aufgefunden (1).  … ist wahrscheinlich am 27. Juni 1974 in Aurich verstorben und am 13. Oktober 1974 in Aurich tot aufgefunden worden., so steht es in seiner Sterbeurkunde, die vom Notar beglaubigt werden musste. Seit ich vom „Schuften“ in AUR zurück bin, mein Bruder sagt: Du bist eine Maschine!, versuche ich u.a. , die vielen Bilder und Zeichnungen meines Vaters bei uns unterzubringen. Ich sitze auf dem Boden zwischen all den „Reliquien“ und muss an ein Zitat aus dem autobiographischen Roman Yoga von Emmanuel Carrère denken, den ich vor kurzem zuende las. Der Autor leidet an einer bipolaren Störung (wie mein Vater es tat) und nimmt Lithium ein. Er zitiert den Dichter Robert Lowell: Trotzdem ist der Gedanke irritierend, dass ich so viel Leid erlebt und verursacht habe, nur weil mir ein bisschen Salz im Gehirn gefehlt hat, und dass ich ein glücklicheres oder zumindest normaleres Leben hätte führen können als diesen langen Alptraum, wenn man die Wirkung dieses Salzes früher entdeckt und es mir früher gegeben hätte. (2)
Ich denke darüber nach, posthum eine Ausstellung meines Vaters bei IKK zu machen…

1: vgl. Artikel vom 16.10.18 und 17.10.17.
2: a.a.O., Berlin 2022, S.330.